Petrologie

Arbeitsgruppe | Prof. Dr. François Holtz

Mitarbeiter bei der Wartung der experimentellen Hochdruckanlagen Mitarbeiter bei der Wartung der experimentellen Hochdruckanlagen Mitarbeiter bei der Wartung der experimentellen Hochdruckanlagen

Die Schwerpunkte der Arbeitsgruppe liegen in der Untersuchung von Hochtemperatur-Prozessen in den Geowissenschaften und den Materialwissenschaften. Ein wichtiges Thema ist die Bestimmung der Eigenschaften von magmatischen Systemen mit dem allgemeinen Ziel, die Bildung und Differenzierung der kontinentalen und ozeanischen Erdkruste zu verstehen. Weiterhin untersuchen wir in mehreren Projekten die Verteilung von Metallen zwischen Fluiden, Schmelzen und Mineralen. Diese Daten sind wichtig für das Verständnis der Bildung von Erzvorkommen.

Forschungsgegenstand und Methodik

Ein zentraler Aspekt unserer Arbeiten ist die experimentelle Simulation geologischer Prozesse, die in großen Tiefen stattfinden. Wir verfügen über ein „Hochdruck-Labor“ mit verschiedenen Anlagen, die es ermöglichen, Experimente bis zu einem Druck von maximal 500 MPa (entspricht einer Tiefe von etwa 20 km) und bei Temperaturen bis zu 1300 °C durchzuführen. Mit den Hochdruckanlagen, die im Labor kontinuierlich weiterentwickelt werden, hat sich die Gruppe in Hannover einen internationalen Ruf erworben. Diese Einrichtungen, ergänzt durch mikroanalytische Apparaturen wie eine Elektronenstrahl-Mikrosonde (EPMA) und ein Rasterelektronenmikroskop, werden genutzt, um Prozesse in Magmenkammern unterhalb von Vulkanen sowie Hochtemperaturreaktionen in der Erdkruste zu simulieren.

Mit der Elektronenstrahl-Mikrosonde können kleinste Bereiche von Festkörpern (in der Arbeitsgruppe überwiegen Minerale und Gläser) zerstörungsfrei und quantitativ analysiert werden. Da die räumliche Auflösung der Analysen etwa 1 µm erreicht, können die chemische Zusammensetzung von wenigen Mikrometern großen Mineralkörnern in-situ (also im Gesteinsverband) mit hoher Genauigkeit bestimmt werden. Neben Gesteinsproben können auch kleinste Glaspartikel untersucht werden.

Aus der Kombination von Experimenten und hochauflösender Analytik können sogenannte Geothermobarometer, thermodynamische Modelle und Geochronometer kalibriert werden. Zum Beispiel nutzt die Geothermobarometrie Mineralphasen und deren chemische Zusammensetzung, um die Bedingungen in Magmareservoiren unter aktiven Vulkanen zu rekonstruieren (u.a. Temperatur und Tiefe der Magmakammer). Geochronometrie basiert auf der Diffusionsgeschwindigkeit von Elementen in Mineralen und wird verwendet, um Zeitskalen geologischer Prozesse zu ermitteln (z.B. die Verweilzeit von Magmen in der Tiefe vor einer Eruption). In der Materialwissenschaft beschäftigen sich die Forschungsarbeiten vor allem mit den physikalischen und chemischen Eigenschaften von Gläsern, Schmelzen und Mineralen.

Bildung von Erzlagerstätten

(a) Zonierter Kassiterit aus dem Seltene-Metalle-Granit von Argemela (Portugal); (b) experimentell hergestellte Vergesellschaftung in Quarz mit koexistierenden salz- und wasserdampfreichen Einschlüssen, die zur Bestimmung der Zinnverteilung zwischen Schmelze, Lauge und Wasserdampf gewonnen wurden; (c) typische Textur, die nach Schmelzexperimenten entsteht, um das Verhalten seltener Elemente während verschiedener Schmelzprozesse zu bestimmen.

Seltene Metalle sind wesentliche Bestandteile für den technologischen Übergang zu einer grünen, energie- und kohlenstoffarmen Gesellschaft. Die weltweit steigende Nachfrage nach diesen Elementen kann nicht allein durch Recycling gedeckt werden, sondern erfordert eine bergbauliche Inventarisierung der bestehenden Anlagen und die Entdeckung wirtschaftlicher Erzvorkommen. Die Bildung von Erzlagerstätten ist das Ergebnis des Zusammenwirkens einer Vielzahl von Prozessen und intensiven Parametern sowie der Beteiligung verschiedener Medien (Schmelze, Minerale, Fluide). Diese Komplexität spiegelt sich in natürlichen Gesteinen wider, wo bereits die Rekonstruktion der Entwicklung einer einzelnen Lagerstätte eine Herausforderung darstellen kann. Zur Unterstützung von Feldstudien ermöglicht die experimentelle Petrologie die Simulation von natürlichen Prozessen unter Bedingungen, die für natürliche Systeme relevant sind. Darüber hinaus kann die Rolle eines einzelnen Parameters (z. B. P, T, fO2, t) oder Prozesses (z. B. Aufschmelzen, Kristallisation, Flüssigkeitszirkulation) genau quantifiziert werden, was die Erstellung wichtiger Datensätze (z. B. Verteilungskoeffizienten, Löslichkeitsdaten, Anreicherungsfaktoren) ermöglicht, um Erzlagerstätten besser zu verstehen und möglicherweise ihr Vorkommen in natürlichen Umgebungen vorherzusagen. Laufende Forschungsprojekte konzentrieren sich auf das Verständnis von Metallanreicherungsprozessen in: (i) geschichteten Intrusionen (z. B. Fe, V, PGEs) und (ii) magmatisch-hydrothermalen Lagerstätten (z. B. Li-Sn-Nb-Ta-W).

Untersuchung von ICDP–IODP Bohrkernproben

Geborgene Gesteinsproben aus einem Bohrkern von einer der Schiffsexpeditionen.

Unsere Arbeitsgruppe trägt aktiv zur Untersuchung von Bohrkernproben bei, welche im Rahmen des International Ocean Discovery Program (IODP) und des International Continental Scientific Drilling Program (ICDP)"gewonnen wurden. Diese international koordinierte Bohrprojekte bieten einen einzigartigen Zugang zu geologischen Tiefenreservoirs und ermöglichen hochaufgelöste Untersuchungen von magmatischen, metamorphen und sedimentären Prozessen. In Zusammenarbeit mit internationalen Forschungsteams haben wir ein breites Spektrum an magmatischen Settings erforscht, welche von ozeanischen Plateaus und Massiven (z.B. Shatsky Rise and Atlantis Massiv), mittelozeanischen Rücken (z.B. Südwestindischer oder Ostpazifischer Rücken), Ophiolithen (z.B. Oman), lagigen Intrusivkomplexen (z.B. Bushveld) bis hin zu Vulkanbögen (z.B. Izu-Bonin-Mariana) und kontinentalen Hotspots (z.B. Yellowstone) reichen. Um die mineralogische und geochemische Komplexität dieser Bohrkerne zu entschlüsseln, setzen wir modernste Analysetechniken wie EPMA, FTIR und Raman-Spektroskopie ein und kombinieren diese mit experimentellen Studien und geochemischen Modellen. Dieser Ansatz ermöglicht es uns, ein umfassendes Verständnis der Prozesse zu gewinnen, welche zur Bildung und Entwicklung der Erdlithosphäre beitragen.

Entstehung und Entwicklung von magmatischen Systemen

© Felix Marxer
Ergebnis eines Kristallisationsexperiment bei 200 MPa und 1075 °C. Bei diesen Bedingungen kristallisieren die 4 verschiedenen Minerale Orthopyroxen (opx), Clinopyroxen (cpx), Plagioklas (plag) und Magnetit (mt) aus einer basaltischen Schmelze (melt). Das Bild wurde mit dem Rasterelektronenmikroskop der Arbeitsgruppe Petrologie aufgenommen.

Eine detaillierte Untersuchung der Prozesse, welche zur Bildung und Entwicklung von Magmen führen ist essentiell um aktive Vulkane besser zu verstehen. Hochdruckexperimente (in Kombination mit hochaufgelöster Analytik) können hierfür wertvolle Daten liefern und ermöglichen die Weiterentwicklung von existierenden petrologischen Instrumenten zur Rekonstruktion von magmatischen Prozessen (z.B. Geothermobarometrie, Geochronometrie oder thermodynamische Modelle). In mehreren Forschungsprojekten beschäftigen wir uns mit der systematischen experimentellen Untersuchung der Einflüsse verschiedenster chemischer und physikalischer Parameter (z.B. Temperatur, Druck, Wassergehalt und chemische Zusammensetzung) auf Phasenbeziehungen und Mineralstabilitätsfelder in unterschiedlichen magmatischen Systemen (z.B. von submarine Mittelozeanische Rücken bis zu Subduktionszonenvulkanen). Des Weiteren beschäftigen sich mehrere laufende Forschungsprojekte detailliert mit einzelnen aktiven Vulkanen (z.B. in Kamtschatka, Chile oder der Eifel) um die Bedingungen in deren Magmareservoiren besser zu verstehen und allenfalls Aussagen über (zukünftige) Ausbruchverhaltensweisen machen zu können.

Weiterentwicklung von analytischen und experimentellen Methoden

Geöffnete Probenschleuse am Rasterelektronenmikroskop mit Gesteinsproben auf dem Probenhalter.

In unserer Forschung konzentrieren wir uns auf die Entwicklung und Verbesserung innovativer analytischer und experimenteller Methoden für petrologische und mineralogische Untersuchungen. In der Analytik liegen unsere Schwerpunkte auf der Elektronenstrahlmikroanalyse (EPMA), der Fourier-Transform-Infrarot-Spektroskopie (FTIR), der Mikro-Raman-Spektroskopie sowie nasschemischen kolorimetrischen Methoden und Titrationsverfahren. In einem aktuellen Forschungsprojekt befassen wir uns mit der Weiterentwicklung der EPMA „flank“ Methode zur ortsaufgelösten quantitativen Bestimmung von Eisenoxidationszuständen in Mineralen und Gläsern. Darüber hinaus arbeiten wir fortlaufend an der Weiterentwicklung unserer experimentellen Anlagen um beispielsweise die Kontrolle und Überwachung der experimentellen Bedingungen zu verbessern und neue experimentelle Methoden zu entwickeln. Unser experimentelles Labor spielt hierbei eine entscheidende Rolle für die Synthese verschiedenster Glas- und Mineralstandards für die Raman und EPMA Analytik. Darüber hinaus integrieren wir Deep-Learning-Methoden in unsere Forschung, um die Verarbeitung großer Datensätze zu verbessern, die in unseren analytischen und experimentellen Laboren gewonnen werden.

Gruppenleitung

Prof. Dr. rer. nat. Francois Holtz
Adresse
Callinstraße 3-9
30167 Hannover
Gebäude
Raum
152
Prof. Dr. rer. nat. Francois Holtz
Adresse
Callinstraße 3-9
30167 Hannover
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